Südengland ist überraschend und beglückend vielfältig: herrliche weisse Klippen, lange Sandstrände, traditionsreiche Seebäder, malerische Fischerorte, fantastische Gärten, trutzige Burgen und extravagante Country Houses. Und überall immer wieder: gemütliche Pubs sowie Farmshops mit Kaffeebistros und hübsche Kleinstädte mit eindrucksvollen Kirchen. Für aktive Urlauber gibt’s den 1000 km Fernwanderweg entlang der gesamten Küste und kilometerlange Strände mit hohen Dünungen für Surfer. 

Von Kent bis Cornwall ist Südengland ein Urlaubsland voller Überraschungen, das sich am besten mit einem Mietwagen oder dem eigenen Fahrzeug entdecken lässt. Gerade die Anreise mit dem eigenen PKW gestaltet sich überraschend einfach. In gerademal 30 Minuten erreicht man von Calais in Nordfrankreich aus die Südostküste Englands bequem im Autoreisezug und merkt gar nicht, dass man unter dem Ärmelkanal durchgerast ist. Eine Reise durch den Süden Englands lässt sich übrigens hervorragend mit einem Städtetrip Londons verbinden. Vom Eurotunnel-Bahnhof in England sind es knapp zwei Stunden bis in die Weltmetropole.

Ob mit oder ohne London – starten Sie Ihre Reise nach Südengland im blumengeschmückten Rye. Verlaufen kann man sich in Rye nicht – die Stadtplaner von damals haben sich alle Mühe gegeben und die kopfsteingepflasterten Gassen und Strassen innerhalb der Stadtmauern rechteckig angelegt. Beginnen Sie Ihren Bummel zuunterst am Strand Quay, wo die markanten schwarz geteerten Speicherhäuser stehen. Von hier aus braucht man nur noch nach oben zu schlendern: eine Strasse schöner, bunter und individueller als die andere.

Hinter Eastbourne lockt die Natur und ist wie geschaffen für Wandervögel. Der erste Teilabschnitt des 130 km langen Wanderpfads South Down ist in 4 Stunden machbar und führt zunächst zur berühmten, steil abfallenden Klippenformation Beachy Head (163m), der höchsten Kreideklippe Grossbritanniens. Strahlend weiss leuchten die Abbruchkanten. Geht man ein kleines Stück weiter, erblickt man den rot-weissen Leuchtturm, der seit 1902 den Winden und Wellen trotzt. Vorbei am alten Leuchtturm Belle Tout erreichen Sie die Seven Sisters-Klippen, wo Sie sich in der kleinen Bucht Birling Gap im gleichnamigen Kaffee stärken können. Am Klippenende der sieben Schwestern geht’s schliesslich zur Mündung des beschaulichen Flüsschens Cuckmere. Mit dem Bus gelangen Sie komfortabel zum Ausgangspunkt in Eastbourne. Übernachten Sie in Eastbourne oder noch besser in Brighton, der Inbegriff des englischen Seebads mit viktorianischem Pier, Lampion geschmückten Promenaden, langem Kieselstrand und strahlend weissen Häuserzeilen. «London by the sea» ist immer voll, in Feierlaune, jung, ein bisschen schräg und altertümlich zugleich.

Nun geht’s quer durch Südwestengland. Nach einem Halt beim wohl bekanntesten Steinkreis der Welt «Stonehenge», der Millionen Besucher aus aller Welt anzieht, empfehle ich einen Stopp in Bath, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Bath, für viele die schönste Stadt Englands, verdankt ihren Namen der Tatsache, dass hier die einzigen heissen Quellen im Inselreich aus dem Boden sprudeln. Kern der Stadt ist die ums Eck führende Abbey Churchyard mit dem gloriosen Westportal der Abtei, gleich daneben befindet sich die imposante Anlage der frei gelegten römischen Bäder. Von hier aus führt die schön angelegte Bath Street in die Geschäftsstrassen und Fussgängerzonen der Innenstadt. Nicht versäumen sollten Sie den Besuch der Pulteney Bridge, die auf ihren Bögen zwei schmale Geschäftszeilen trägt und etwas an den Ponte Vecchio in Florenz erinnert. Ein schönes Erinnerungsfoto mit den terrassenförmig gesäumten Ufern der Avon-Schleife gelingt unweit der Brücke. Gönnen Sie sich abends ein wohltuendes Bad - entweder in den öffentlichen Bädern des

Thermae Bath Spa, einem lichtdurchfluteten Glaskubus mit mehrgeschossiger luxuriöser Thermalbadelandschaft sowie einem offenen Poolareal auf dem Dach oder Sie quartieren sich gleich gegenüber im noblen Hotel The Gainsborough and Spa mit eigener Bade- und Saunalandschaft ein.

Mit neuem Elan geht’s am nächsten Tag an die Küste. Falls Sie Rotwild in freier Wildbahn erleben möchten, im Exmoor National Park werben mehrere Anbieter empfehlenswerte Safaritouren an. Angekommen an der Nordwestküste Devons dürfen Sie auf keinen Fall das wohl berühmteste Fischerdorf Englands verpassen. Clovelly steht heute unter Denkmalschutz, seine Bewohner sind eine eng verzahnte Lebensgemeinschaft. Nach Bezahlung des Eintrittgelds geht’s über einen steilen Weg mit Kopfsteinpflaster und engen Torbögen steil nach unten bis zum halbmondförmigen Hafen. Vor den winzigen Cottages in den hübschen Vorgärten mit wilder Blumenpracht stehen flache Holzschlitten – neben Packeseln das übliche Transportmittel für Lebensmittel, Abfall und Mobiliar.

Strategisch günstig, um die Umgebung zu erkunden und sich für ein paar Tage niederzulassen, ist das niedliche Dörfchen Boscastle, bereits in der Provinz Cornwall gelegen. Ein Fluss mündet im kleinen geschützten Hafen, dessen Boote bei Ebbe auf dem Sand liegen und auf die nächste Flut warten. Blumengesäumte Cottages säumen die reizende Dunn Street. Wer gerne Kaffee trinkt und leckeren Kuchen isst, dem sei der Farmshop oberhalb des Örtchens empfohlen. Von hier aus startet auch eine empfehlenswerte, aber durchaus anspruchsvolle Küstenwanderung zur berühmten Burgruine Tintagel. Herrliche Klippenpfade, federnde Wiesen und grossartige Ausblicke lohnen die Mühe. Am Schluss der dreistündigen Wanderung wartet Tintagel Castle; die Überreste der Burg trotzen auf zwei Steilklippen, verbunden mit einer Hängebrücke. Hier soll König Artus laut Legende gross geworden sein.

Wer gerne surft oder es einmal versuchen möchte, dem sei der Ort Newquay und seine vielen Sandstrände empfohlen. In der Watergate Bay kann man Profis und Newcomers beim Ritt über die Wellen zuschauen oder es gleich selbst versuchen. Wer’s gemütlicher mag, macht einen Abstecher in den Zoo oder ins Blue Reef Aquarium. Ein paar Kilometer nördlicher erheben sich die stattlichen Felsblöcke von Bedruthan. Unbedingt einen Halt einplanen!

Noch weiter südlicher liegt St Ives, für viele der Inbegriff Cornwalls, gilt das Fischerdorf doch als schönster Ferienort an der gesamten Westküste. Berühmt wurde der Ort um 1900 als sich hier zahlreiche Künstler niederliessen. Heute ist die Tate Gallery international bekannt. Nähert man sich dem Ort via Küstenstrasse, erhascht man schon bald die eng an den Hafen geschmiegten verschachtelten Häuser, die sich um die Hafenbucht aufreihen – ein wunderschöner Anblick. Pflichtprogramm ist ein Bummel über die Promenade. Kehren Sie in einem der zahlreichen Restaurants und Pubs ein - beispielsweise im Porthminster Café, wo Sie leckeren Fisch geniessen können. Die Sanddünen Godfrey Point sowie die umliegenden Buchten laden zu einem erfrischenden Bade ein.

Die Antwort auf Frankreichs Mont Saint Michel heisst in England St Michaels Mount. Damals wie heute strömen grosse Besucherscharen auf die vorgelagerte Gezeiteninsel. Bei Ebbe wandert man über einen kopfsteingepflasterten Damm, bei Flut wird man in kleinen Booten übergesetzt. Früher ein keltisches Mönchskloster gehörte St Michaels Mount im Mittelalter zu den wichtigsten Wallfahrtsstätten Englands. Heute gehört die Insel mit Burg und Garten der Denkmalschutzgesellschaft National Trust.

A propos Garten: mindestens einen Garten muss man auf einer Englandreise unbedingt besucht haben. Das milde Mikroklima lässt Blumen und Palmen wachsen, die sonst nur im Mittelmeer gedeihen. Die spektakulärste und innovativste Gartenanlage Englands, das «Eden Project», lockt mit zwei wabenförmige Riesenblasen: Es sind die grössten Gewächshäuser der Welt, entworfen vom Stararchitekten Nicholas Grimshaq. In den futuristischen Biomen werden die unterschiedlichen Klimaregionen der Erde mit ihrer Flora präsentiert.

Wer Ruhe und Natur pur sucht, der findet diese in der Whitsand Bay. Der Badestrand ist ein Paradies für Surfer, allerdings mit starker Strömung. Ebenso kommen hier Wanderfreunde voll auf ihre Rechnung. Auf dem Küstenwanderweg trifft man sogar auf Wildpferde. Wenn man abends im eigenen Cottage mitten in den Klippen den Sonnenuntergang geniesst und den brandenden Wellen zuhört, scheinen alle Probleme dieser Welt weit weg zu sein - ein Sehnsuchtsort!

Via Hafenstadt Plymouth, das unter anderem das grösste Aquarium Englands mit Korallenriff, Haifischen und Seepferden beherbergt, geht’s in die Hügel des Dartmoor National Park, ein 900 km2 grosses Hochmoor mit olivgrünen Hügeln gespickt mit riesigen Granitblöcken und bizarren Steinbrocken. Überall trifft man auf frühgeschichtliche Fundstellen, Reste von Steinzeitsiedlungen, Erdwälle und Gräber. Bei kurzem Zeitbudget ist die kurze Wanderung zu den Haytor Rocks empfehlenswert. Oben angekommen streift der Blick über die wundervolle Weite des berühmten Dartmoor und verliert sogleich Angst und Schrecken, die im Krimi «Hund von Baskerville» von Arthur Conan Doyle suggeriert werden.

Der Abschluss einer Südenglandreise könnte der Isle of Wight gewidmet sein. Machen Sie aber zuvor unbedingt noch einen kleinen Abstecher zum Gesteinstor Durdle Door und zur vom Meer ausgewaschenen Bucht Lulworth Cove. Zwei spektakuläre Sehenswürdigkeiten der Natur, die sich auf einer kurzen Wanderung gut kombinieren lassen, liegen beide Naturwunder doch nur 3 km auseinander.

Die Isle of Wight ist mit 380 km2 eine Miniaturausgabe Englands – mit Kreidefelsen, schmucken Dörfern, Klippenpfaden für ausgedehnte Wanderungen, kleinen Fischerorten und Städtchen, die sich im Verlaufe der Zeit zu Badeorten mauserten. Ob segeln, wandern, surfen oder einfach nur relaxen -auf der Insel findet jeder sein eigenes Glück. Dieses Fleckchen Erde hat auch Queen Victoria für sich entdeckt, als sie 1845 ihre Sommerresidenz hier errichtete. Das opulente Privathaus namens Osbourne House ist heute öffentlich zugänglich. Die Westspitze der Insel ist geologisch interessant und auf über 45 km geschützt. Weisse Kreideklippen umgeben die Freshwater Bay, die hochaufragenden Kreidespitzen der Needles sind das Wahrzeichen der Insel. Vom Sessellift des Erlebniszentrum kann man sie besonders gut sehen und landet in der Alum Bay, wo die Gesteine in über zehn verschiedenen Farben und Schichten am Rande des Meeres leuchten.  


So kommen Sie hin:
Mit dem eigenen Auto, per Bahn via Paris oder auf dem Luftweg  

So kommen Sie herum:
Mietauto oder eigenes Fahrzeug

Wie lange soll ich hin:
mindestens 2 Wochen

Beste Reisezeit:
Frühling bis Herbst

Highlights:
Seven Sisters, Bath, Clovelly, Küstenwanderweg, Isle of Wight, Durdle Door, St Ives, St Michaels Mount

Übernachtungstipp Bath:
https://www.thegainsboroughbathspa.co.uk

Übernachtungstipp Isle of Wight:
https://exclusive-stay.com/de/o/puckaster-cove-luxury-yurt,59yl1.html        

Surfen:
https://cornishwave.com          

Impressionen

Aufgezeichnet von Michael Bachmann
Weitere Reisebilder unter www.kissed-by-nature.com