Liebliche Hügel, schmucke Bauernhöfe, blühende Krokusse, urchige Beizen und altes Handwerk made by Emmental. Auf einer Rundreise mit dem Auto, dem Töff oder einem eBike lässt sich das Obere Emmental hervorragend erkunden. Ob als Ausflug oder zweitägige Rundfahrt mit Übernachtung – die Landschaft zwischen Langnau und Thunersee ist so vielfältig wie die Löcher in einem echten Emmentaler Käse.

Das bekannteste aus dem Emmental? Wohl der berühmteste Käse der Welt: Emmentaler AOP. Jedes Kind kennt ihn und verbindet die von unzähligen Hügeln, Tälern und weidenden Kühen geprägte Region mit dem Käse mit den grossen Löchern. Und diese zwischen 75 und 120 kg schweren Laibe reifen in grosser Zahl in einem Käselager in Langnau, bevor sie in die ganze Welt exportiert werden und bilden den Ausgangspunkt unserer Rundfahrt. Was viele nicht wissen, die Käsekeller können besichtigt werden. Auf einer stündigen Führung erfahren Sie mehr über die Reifung der Emmentaler AOP im Käsehaus der Gourmino AG. Bis zu 6'000 Laibe Emmentaler AOP und dazu 3'500 Laibe Le Gruyère AOP werden in den Lagern gehegt und gepflegt, bis sie die optimale Reifung erreicht haben. Im Anschluss dürfen Sie den Käse natürlich auch probieren. Originale Käsehandelshäuser finden Sie übrigens noch heute in ganz Langnau – ein besonders schönes Exemplar steht an der Hansenstrasse.

Frisch gestärkt und mit neuen Eindrücken machen wir in unmittelbarer Nachbarschaft Halt beim Chüechlihus, dem aus dem Jahr 1526 ältesten und weitgehend original erhaltenen Holzgebäude der Region. Man vermutet, dass es damals als Gewerbe- und Handelshaus gebaut wurde. Heute beherbergt das schmucke Haus ein Regionalmuseum mit einer Sammlung rund um die Emmentaler Traditionen und Vergangenheit. Der niedliche Namen kommt übrigens daher, dass hier bis 1956 ein Café betrieben wurde, welches Chüechli anbot. Feine Kuchen und Torten, frisches Brot und allerfeinste Pralinen gibt’s ein paar Meter weiter bei der Confiserie Wisler zu kaufen.

Nun folgen wir dem Flusslauf der Ilfis bis nach Trubschachen, wo bereits zwei weitere Sehenswürdigkeiten auf uns warten. In der Töpferei Aebi werden Töpferwaren noch wie anno dazumal hergestellt. Urgrossvater Aebi begann im Jahre 1901 mit der Produktion von Blumentöpfen in Hasle. Ende 2006 schloss Aebi sein Stammhaus und konzentrierte sich fortan auf die Schautöpferei in Trubschachen, die er seit 1982 als Filiale führte. Noch heute wird hier jedes Keramikstück mit viel Liebe und von Hand getöpfert, bemalen und kunstvoll verziert. Falls Sie selbst einmal eine Tasse herstellen möchten, die Töpferei bietet auch Workshops an.

Nicht versäumen dürfen Sie einen Besuch der traditionsreichen Firma Kambly. Je mehr man sich dem Besucherzentrum nähert, desto intensiver duftet es nach Bretzeli, Biscuit und Sablé. Seit 111 Jahren werden in Trubschachen Bretzeli gebacken. Das Rezept dazu geht zurück auf die Grossmutter des Firmengründers Oscar Kambly. Vor kurzem hat bereits die vierte Generation die Leitung des Familienunternehmens übernommen. Im grossräumigen, modernen Fabrikladen erfahren Sie mehr über die Geschichte und das Handwerk und dürfen nach Lust und Laune die verschiedenen Guetzli-Sorten probieren. Aber Achtung: Bretzeli können süchtig machen!

Nach so vielen Leckereien brauchen wir erst einmal etwas Bewegung. Falls Sie nicht mit dem eBike unterwegs sind; bei unseren nächsten beiden Stationen können Sie sich gut die Füsse vertreten. Beim Übergang vom Weiler Hüpfenboden zum Girsgrat in der Nähe der Ortschaft Blapbach befindet sich der älteste von Menschen geschaffene Strassentunnel der Schweiz, das Hegenloch. Um 1350 wütete die Pest im Kanton Bern. Anna Seiler, eine verwitwete, kinderlose, aber sehr vermögende Burgerin von Bern, betreute Kranke im «Spital vor den Predigern» in Bern. Nach ihrem Ableben bedachte Anna Seiler ihr Spital mit viel Besitz, Häusern und Grundstücken und rief andere dazu auf, gleiches zu tun. So hinterliess sie unter anderem auch Weideland im Gebiet des vorderen Girsgrats. Der direkte Zugang von Langnau aus war durch die Nagelfluh des Girsgrates versperrt. Erst im 19 Jh. war die Bergbautechnik soweit fortgeschritten, dass man sich damit befassen konnte, eine direkte Verbindung zu bauen. Etwa um die gleiche Zeit musterte der Staat Bern alte Artilleriegeschütze aus und stiftete das nicht mehr gebrauchte Schiesspulver für den Bau des Tunnels.

Nach diesem Abstecher erreichen Sie auf unzähligen Kehren und engen Strässchen den höchsten Punkt unserer Rundfahrt: die Alp Rämisgummen auf über 1200 Metern über Meer. Falls Sie im Frühling hier unterwegs sind, erleben Sie blühende Krokusse in allen erdenklichen Blau- und Weisstönen. Aber auch in der restlichen Zeit des Jahres lohnt sich die Fahrt auf den Rämisgummen allemal, die Aussicht auf die Berner Alpen und das Mittelland sind schlicht phänomenal. Zudem laden unzählige Wanderwege ein, die Region zu entdecken. Im Bergrestaurant Erika besteht die Möglichkeit einzukehren, falls Sie nach den vormittäglichen Gaumenfreuden schon wieder Hunger verspüren sollten.

Nun geht’s in rasantem Tempo wieder den Hügel hinab. In Eggiwil stehen ein paar besonders schöne alte Emmentaler Bauernhäuser und auch eine der vielen Holzbrücken dieser Region gibt es hier zu bewundern. Von den heute rund 300 gedeckten Holzbrücken in der Schweiz liegt ein Drittel im Kanton Bern und davon wiederum ein Drittel (33) im Emmental. Die Geissbachbrücke gehört zu den kleinsten der Emmentaler Holzbrückenlandschaft. Knapp zehn Meter lang, zwei Meter breit und rund dreieinhalb Meter hoch führt sie über den Geissbach, der wenig später in die Emme mündet. Wohl nirgends kann die traditionelle Bauweise des klassischen einfachen Hängewerks so detailliert und genau studiert werden wie an dieser kleinen Ausgabe der grossen Emmentaler Holzbrücken.

Nun müssen Sie sich entscheiden. Falls Sie Zeit und Musse mitbringen, lohnt sich ein Abstecher nach Schangnau. Kaufen Sie sich als süsse Erinnerung in der weitherum bekannten Bäckerei Stein die originalen «Merängge» und erleben Sie die Karriere des erfolgreichsten Schangnauer Skirennfahrers auf dem Beat Feuz-Themenweg selbst! Der Weg beginnt unweit seines Elternhaus Roseggli im Bumbach, führt Sie während einer guten Stunde in einfach begehbarem Gelände der Emme entlang bis ins Kemmeriboden-Bad. Auf dem Pfad wird Ihnen die Karriere des Emmentaler Kugelblitz’ auf Tafeln erzählt. Doch lesen Sie nicht nur vom Skifahren, sondern machen Sie auch mit! Wie gut ist Ihre Rennhocke? Oder Ihre Balance? Testen Sie sich selbst und stärken Sie sich danach mit einer Bratwurst auf dem Juniorenweltmeisterplatz mit Grillstelle und gedecktem Sitzplatz. Oder wie wärs gleich mit einer Übernachtung im Landgasthof Kemmeribodenbad? Gönnen Sie sich einen Saunagang und ein Bad im warmbrodelnden Holzfass und anschliessend ein leckeres Znacht, bevor Sie tiefenentspannt im Zimmer Heugade einschlafen und hoffentlich von Krokussen, Bretzeli und Meringue träumen.

Wer den Schlenker nach Schangnau aus Zeitgründen auslassen muss, dem seien noch zwei weitere Stopps auf unseren Emmentalrundfahrt empfohlen. Oberhalb des Orts Röthenbach steht die sehenswerte fast 1000-jährige Würzbrunnenkirche, die erstmals 1148 in einem Brief von Papst Eugen III erwähnt wird. 1494 fiel die Kirche einer Feuersbrunst zum Opfer. Im gleichen Jahr wurde sie wieder aufgebaut. Ein verkohltes Stück Holz in einer Nische der nördlichen Aussenwand erinnert an diesen Brand. Die Orgel wurde 1785 gebaut und ist noch heute bei vermutlich fast jeder Hochzeit zu hören. Berühmt wurde die Kirche durch die Gotthelfverfilmungen, wo das Kirchlein als Filmschauplatz diente so beispielsweise im Kultfilm Ueli der Knecht mit den Hauptdarstellern Lilo Pulver und Hannes Schmidhauser.
Den krönenden Abschluss unserer Reise durchs Obere Emmental macht ein Aussichtspunkt in luftiger Höhe. Lassen Sie den Tag auf dem Aussichtsturm Chuderhüsi gebührend ausklingen. Das Chüderhüsi macht nicht nur durch seinen witzigen Namen auf sich aufmerksam, auch sonst hat der Turm einiges zu bieten. Der 42 Meter hohe Konstrukt steht mitten in einem idyllischen Wald und besteht komplett aus Weisstannen-Holz. Über 195 Treppenstufen erreicht man die grosse Plattform, von wo man einen atemberaubenden Ausblick über das Emmental hat. Besonders schön ist es hier bei Sonnenuntergang.


So kommen Sie herum:
eBike, Motorrad oder PKW

Käsekeller Langnau:
www.erlebnisverlag.ch/kaesekeller

Töpferei:
www.aebi-keramik.ch

Erlebnis Kambly:
www.kambly.com

Übernachtungstipp:
www.kemmeriboden.ch      

Restauranttipp:         
www.bergrestaurant-erika.ch         

eBike-Routen:
www.huegu-himu.ch

Mehr Infos:
www.emmental.ch/de/

 

Aufgezeichnet von Michael Bachmann
Weitere Reisebilder unter www.kissed-by-nature.com​​​​​​​​​​​​​​