Sie sind Siziliens kleine Schwestern, sieben Stück an der Zahl. Die Liparischen Inseln liegen malerisch im Tyrrhenischen Meer, nur einen Steinwurf von Italiens Stiefelspitze und Siziliens Nordstränden entfernt und locken mit grünbewachsenen Vulkanhängen, schwarzen Sandstränden, Küstenwanderwegen und Tauchspots, von denen einige zu den besten in Europa gehören. Keine der sieben Inseln - Vulcano, Lipari, Salina, Panarea, Stromboli, Filicudi oder Alicudi - wurde bislang durch den Massentourismus zerstört. Hier findet man Ruhe und Erholung auf Eilanden, teils ohne Strassen und Autoverkehr, Natur pur und sogar aktive Vulkane. Die Liparischen Inseln sind das perfekte Reiseziel für Individualisten, Wanderer, Abenteurer und Aussteiger.

Im deutschsprachigen Raum ist die Inselgruppe als Liparische Inseln bekannt. International und in Italien heissen die Inseln jedoch Äolische Inseln oder eben Isole Eolie. Der Legende nach lebte hier einst Aiolos, der griechische Gott des Windes. Die Winde hier können durchaus stark sein, aber eigentlich sind die Liparischen Inseln vor allem Inseln des Feuers und das Ergebnis einer Vulkankette, die vom Vesuv bis zum Ätna reicht. Mit dem Vulcano und dem Stromboli beherbergen sie gleich zwei aktive Vulkane. Nicht zuletzt deshalb sind die Liparischen Inseln UNESCO-Weltnaturerbe. Bisher sind die grossen Touristenströme ausgeblieben, doch langsam spricht sich herum, dass es hier Mittelmeer zu einem guten Preis‑Leistungs-Verhältnis gibt. Selbst Alicudi – das entlegenste Inselchen – empfängt immer mehr Wandertouristen. Fantastische Wanderwege überziehen die Inseln des gesamten Archipels – von entspannten Spaziergängen an der Küste bis zu atemberaubenden Touren zu den aktiven Vulkanen Stromboli und Vulcano. Salina und Panarea locken mit ihren Weingütern und familienbetriebenen Boutique-Hotels ein eher anspruchsvolles Publikum an. Die abgelegenste Insel Alicudi ganz am Ende der Fährlinie, wo die Esel vom Hafen über steile Pfade an Lehmhäusern und Weinranken vorbei zum schlafenden Krater klettern, ist der Traum eines jeden Eremiten. Zu neuem Leben erwacht die Geschichte der Liparischen Inseln in den Ruinen aus der Bronzezeit in Filicudi - in Theatermasken oder in den aus Schiffen geborgenen Schätzen der griechisch-römischen Zeit - die im Archäologischen Museum ausgestellt sind. Auch die Küche der Insel ist sagenhaft gut: Probieren sollte man Pasta mit Schwertfisch, Kapern, Fenchel und Minze oder die cremig-knusprigen Cannoli, die im Schaufenster einer jeden Pasticceria warten.

Zu erreichen sind die Inseln mit den Aliscafi, den rasanten Tragflügelbooten von Libertylines oder in gemächlicherem Tempo per Fähre. So kann man in einer guten Woche den Archipel bequem per Inselhopping erleben. Los geht’s im sizilianischen Fährhafen von Milazzo. Nach lediglich 50 Minuten Bootsfahrt taucht man ein in eine ganz andere Welt und wird vom rauchenden Vulkan und  gewöhnungsbedürftig riechenden Schwefeldämpfen auf der Insel Vulcano empfangen. Direkt am Schiffsanleger sorgen einige Fumarolen für diesen Duft nach faulen Eiern. Hartgesottene nehmen in der «Vulcano Terme I Fanghi» ein Schlammbad. Man sagt dem Schlamm vor allem Linderung bei Rheuma und Hautkrankheiten nach. Wichtig: Schmuck ablegen und alte Badekleidung tragen. In unmittelbarer Nähe, beidseits der Landenge, befinden sich die beiden schönsten Strände der Insel, die Spiaggia delle Acque Calde und der Spiaggia Sabbie Nere. Letzterer zeigt sich besonders schön im späten Nachmittagslicht. Spannend am Spiaggia delle Acque Calde sind wiederum die unterirdischen Fumarolen. Sie sorgen dafür, dass das Wasser bis spät in den Herbst hinein angenehm warm und sich ein bisschen wie ein Whirlpool anfühlt. Um die ganze Insel zu erkunden, lohnt sich die Anmiete eines Fahrzeugs bei Luigi, der von eBikes bis zu schnuckeligen Mini Mokes alles im Sortiment hat. Wegen verstärkter Aktivität des Vulkans wird ein Aufstieg zum Kraterrand zurzeit von den Behörden untersagt. Auf ein Panoramafoto muss man dennoch nicht verzichten. Vom Aussichtspunkt Capo Grillo – per Auto bequem erreichbar - geniesst man einen atemberaubenden Blick über alle Äolischen Inseln. Wer Einsamkeit sucht, ist im Örtchen Gelso an der Südküste der Insel richtig. Hier gibt es nicht nur die schwarzsandigen Strände, sondern auch die «Trattoria da Pina» mit frischem Fisch und Traumblick bis zum Ätna auf Sizilien.

Auf Lipari, die mit Abstand grösste Insel des Archipels, leben etwa 14’000 Bewohner. Die Insel ist Hauptanlaufstelle für Touristen und nahezu alle Fähren legen hier an. So auch das Aliscafo aus Vulcano - gerade einmal zehn Minuten braucht das Tragflügelboot hierher. Lipari hat mit dem Corso Vittorio Emanuele sogar so etwas wie eine Flaniermeile. Hier reihen sich Geschäfte, Tourenanbieter, Cafés, Bars sowie Restaurants aneinander. Unbedingt einen Besuch wert sind die Kathedrale San Bartolomeo und die Festung der Stadt. Das Archäologische Museum hier zählt zu den bedeutendsten in Italien. Die Liparischen Inseln sind auch Wanderparadies. Eine schöne Tour führt einen von Quattropani über die Terme di San Calogero bis nach Pianoconte. Man wandert quasi dem Sonnenuntergang entgegen. Die Aussicht während der Wanderung ist grandios. Neben den der Insel vorgelagerten Klippen hat man anfangs Salina und später auch Vulcano im Blickfeld. Sogar die Umrisse von Filicudi und Alicudi sind am Horizont zu erkennen. Da vergisst man schnell wieder, dass der Weg stellenweise völlig zugewachsen und nicht ganz so einfach zu begehen ist. Unterwegs lädt das Agriturismo «U Zu Peppino» zum Einkehren ein; das Ristorante ist bei Einheimischen beliebt, vor allem wegen seiner üppigen Vorspeisenplatten. Spezialität des Hauses sind Maccheroni mit Wildfenchel und Kaninchen in einer dunklen Sauce. Eine typische Badedestination sind die Inseln nicht. Feinsandige und breite Strände gibt es nur wenige. Meist muss man sich über groben Kies oder grosse Steine den Weg ins Meer bahnen. So auch auf Lipari. Der Strand von Canneto ist einer der beliebtesten. Eine besondere Atmosphäre finden Sie am Havana Beach bei Porticello. Der ehemalige Bimssteinabbau hat etwas von Industriedenkmal. Der weisse Bimsstein verleiht dem Meer eine karibische Farbe. Ganz in der Nähe lockt der Strand Campobianco, der mit Abstand spektakulärste: Hier kann man über Bimssteinrutschen direkt hinein ins türkisblaue Meersausen. Erreichbar ist dieses Naturspektakel allerdings nur per Boot. Die Strände hat man schnell aufgezählt, Aussichtspunkte jedoch gibt’s wie Sand am Meer. Erwähnenswert sind beispielsweise Osservatorio mit schönem Blick nach Vulcano oder Belvedere Quattrocchi, wo der Blick hinunter aufs tiefblaue Meer und auf die vorgelagerten Felsformationen fällt. Mein Lieblingsplatz: die alte Kirche von Quattropani. Ein kleiner Pfad durch eine Wiese voller farbenprächtiger Blumen führt einen zu grösseren Felsen. Von hier schweift der Blick rüber nach Panarea und Stromboli sowie Salina und die beiden weiter entfernten Inselchen Filicudi und Alicudi. Packen Sie einen Drink ein und geniessen Sie den schönen Sonnenuntergang. 

Salina trägt den Beinamen grüne Perle und ist die zweitgrösste der Äolischen Inseln. Sie unterscheidet sich von ihren Schwestern dadurch, dass es hier kaum Strände gibt. Das mag ein Grund sein, dass es hier etwas ruhiger zu und her geht. Nebst Tourismus in den Sommermonaten leben die Einwohner Salinas vor allem von der Landwirtschaft, insbesondere vom Anbau von Kapern und Wein. Übrigens: Salina diente als Filmkulisse des wunderbaren Filmklassikers «Il Postino». In Pollara hat man den Protagonisten Pablo Neruda und Mario Ruoppolo in Form eines Gemäldes ein kleines Denkmal gesetzt. Nur einen Steinwurf entfernt befindet sich auch die berühmte L’Oasi Snack Bar, wo der Filmklassiker im Sommer jeden Abend gezeigt wird. Das Besondere an der Bar ist jedoch die Körbchen-Seilbahn. Auf Vorbestellung werden so kleine Köstlichkeiten direkt an den Strand geliefert.

Viele Touristen lassen auf dem Weg nach Stromboli die kleinste der äolischen Inseln Panarea im wortwörtlichen Sinn links liegen. Machen Sie diesen Fehler nicht und bleiben Sie mindestens eine Nacht. Im Sommer trifft sich hier die Schickeria aus Norditalien und der Jetset mit seinen funkelnden Jachten. In der Nebensaison jedoch herrscht auf Panarea Inselfrieden und Ruhe. Das kleine Eiland wirkt wohltuend idyllisch; das Örtchen mit seinen hübschen Gässchen und den weissgetünchten Häuschen erinnert an Griechenland. Empfehlenswert ist eine Wanderung durchs Dorf und weiter bis zur Cala Junco, wo sich die Überreste einer Siedlung aus der Bronzezeit befinden. Unweit entfernt lockt der Sandstrand Cala Zimmari für einen Sprung ins kühle Nass. Gönnen Sie sich abends einen Apero am Hafen und schauen Sie dem bunten Treiben zu. Bestimmt entdecken Sie auch Gockel Pino, der quasi zum Hafeninventar gehört.

Den feurigen Schlusspunkt des Inselhüpfens setzt die Insel Stromboli, die sehr touristisch daherkommt. Alles ist auf den speienden Vulkan ausgerichtet, einer der wenigen daueraktiven Vulkane weltweit. Nicht umsonst war der Stromboli schon in der Antike als «Leuchtturm des Tyrrhenischen Meers» bekannt. In Abständen von 10 bis 15 Minuten kommt es zu grösseren Eruptionen mit Auswurf von kleinen Gesteinsbrocken und Lava. Nicht umsonst wird dieser regelmässige, nicht allzu starke Auswurf von Lava, Schlacke und Asche strombolianische Eruption genannt. Normalerweise kann man zu den drei Kratern des etwa 900 Meter hohen Gipfels aufsteigen. Ohne lizenzierten Bergführer darf man den Berg jedoch nicht besteigen. Bei Nichtbeachtung drohen empfindliche Strafen. Die Wanderungen beginnen in der Regel am späten Nachmittag, sodass man bei Einbruch der Dämmerung am Krater ist. Von Zeit zu Zeit entschliesst sich der Stromboli neben seiner normalen Aktivität wieder zu grösseren Ausbrüchen. Die letzten grossen Eruptionen waren 2007 und 2019. Beim Ausbruch im Juli 2019 verstarb leider auch ein Wanderer, der von Gesteinsbrocken getroffen wurde. Seither ist es bis auf weiteres nicht mehr möglich zum Gipfel aufzusteigen. Zurzeit muss man sich mit dem Aussichtspunkt an der Sciara del Fuoco auf circa 400 Metern Höhe zufrieden geben und die Eruptionen von dort aus beobachten. Doch auch von hier sind das Spektakel und die roten Lavafontänen gut zu sehen.

Wer Hunger hat, sollte sich einen Platz auf der Terrasse des ehemaligen Osservatorio unterhalb des Aussichtspunkts, das heute eine gut besuchte Pizzeria ist, reservieren. Auch von hier aus kann man die Aktivitäten des Vulkans während dem Abendessen prima beobachten. Übrigens: Berühmt wurde die Insel nicht nur wegen des Vulkans, sondern auch durch den Film «Stromboli – Terra de Dio» von Roberto Rossellini mit Ingrid Bergmann in der Hauptrolle. Der Schwarz-Weiss-Film wurde 1949 auf Stromboli gedreht. Letztendlich war es die Affäre zwischen Bergmann und Rossellini, die mehr Aufsehen erregte als der Film selbst.

So wie «Il Postino» auf Salina gezeigt wird, läuft auf Stromboli abends in vielen Bars «Stromboli». Film ab und Salute!


So kommen Sie hin:
Per Flug nach Catania oder Palermo und Shuttle/Taxi nach Milazzo oder Bahn bis Napoli und Fährüberfahrt

Tragflügelboot-Service:
www.libertylines.it  

Wie lange soll ich hin:
mindestens eine Woche

Beste Reisezeit:
Mai bis Oktober

Highlights: 
Panarea, Vulcano, Vulkan Stromboli, Chiesa Vecchia Lipari

Übernachtungstipp:
Vulcano:
www.holidayeolie.it
Lipari:
www.villa-paradiso-sicily.com/apartments
Panarea:
www.hoteloasipanarea.com/site/
Stromboli:
www.ilgabbianostromboli.it

Mehr Infos:
www.italia.it/en/the-aeolians-the-volcanic-islands

Impressionen

Aufgezeichnet von Michael Bachmann
Weitere Reisebilder unter www.kissed-by-nature.com